16. Dezember 2013

Death Road - Survivor

Oder Schweizer Wochen in La Paz...

10.12. - 14.12.2013 La Paz

(nf)
Falls ihr euch wundert, warum wir immer so viel schreiben: wir fahren so viel Bus, vor allem nachts, und was soll man schon treiben die ganze Zeit?! Wir vergessen das Reisen also keineswegs, aber so ist es uns ein netter Zeitvertreib, um die vergangenen Tage nochmal Revue passieren zu lassen, bevor dann am naechsten Ort die neuen Eindruecke dazu kommen.
Aktuell befinden wir uns im Nachtbus von La Paz nach Sucre (Hauptstadt Boliviens), 12h Busfahrt stehen uns bevor.

Wie Tobias schon geschrieben hatte, war unser erster Eindruck von La Paz eher schlecht: laut, stickig, Verkehrschaos, ausserdem hats geregnet. Das Hostel, in welches wir uns haben bringen lassen, war auch nicht so super: kleines Bett (fuer 1,2m sind wir eindeutig entweder zu lang zusammen oder zu alt... :-) ), Zimmer nach vorne auf die, je nach Verkehr, 2- bis 6-spurige Strasse mit einfachverglasten Fenstern: was bedeutete, man konnte es nicht oeffnen (La Paz war die bezueglich Abgasen und Verkehrschaos schlimmste Stadt bisher und die Strasse vor dem Hostel die Hauptverkehrsader) und man hoerte die ganze Nacht das Gehupe. Nur die heisse Dusche und dass es einigermassen sauber war, machten ein bisschen was wett. Am naechsten Morgen entschieden wir nach einem anderen Zimmer zu fragen und wenn nicht, das Hostel zu wechseln. Tatsaechlich war es moeglich, in ein anderes Zimmer zu wechseln, dass in einen ruhigen Hinterhof ging und eigentlich Platz fuer 4 Personen bot. So kam es, dass ich mein eigenes 1,2m Bett hatte, Tobias daneben in seinem lag und wir ein weiteres Bett fuer unsere ganzen Sachen hatten. Dementsprechend positiver gestimmt gingen wir in den Tag!

Zu Beginn war mal wieder Planen und Organisieren angesagt: unser Mountainbikeausflug wollte gebucht sein, eigentlich hatten wir einen mehrtaegigen Trek geplant wo Tobias die 5000m-Marke knacken wollte und die ersten Infos fuer die Salzwueste wollten wir auch noch einholen. Schlussendlich haben wir das dann alles in einer Agentur bekommen: beim Bikeausflug haben wir uns fuer den teuersten (und besten) Anbieter entschieden (Werbespruch: It's not the place to cut corners), vor allem Tobias war es sehr wichtig, dass  die Bikes sehr gut sind. Tatsaechlich waren sie dann mindestens genauso gut wie Tobias Bike daheim und alle juenger als 2 Jahre - also wirklich gut. Die ersten Infos zur Salzwueste haben sich auch gut angehoert und wegen dem Trek haben wir uns entschieden, bis nach der MTB-Tour zu warten und das Wetter dann anzuschauen: es regnete wieder. Danach gingen wir ein bisschen in der Stadt spazieren und kauften erste Souvenirs. Bisher haben wir uns immer zurueck gehalten (man muss ja alles schleppen...), aber inzwischen haben wir so viel gefroren, dass klar war, wir brauchen Alpaca-Klamotten. Nach vielen Laeden, viel Handeln und viel Unentschlossenheit war es dann endlich soweit: Tobias fand einen Pullover!
Fuer mich war noch nicht das richtige dabei. ich muss noch ein bisschen laenger suchen... Als Belohnung wollten wir noch einen Kaffee trinken gehen. Das erste mit guten Eindruck war ein schweizer Kaffee. Da wir beide dringend eine Pause benoetigten sind wir direkt dahin. Und was war? Es gab Spaetzle und Roesti! Vergessen war der Kaffee und schnell bestellt. Das Essen war wirklich gut, vor allem der Salat, den es dazu gab, hatte ein richtiges Dressing! Nicht Salz-Pfeffer-Essig-Oel, sondern Joghurt und Kraeuter und Knoblauch und ueberhaupt! Am Anfang einer Reise kann man sich nicht vorstellen, dass man deutsches (oder in dem Fall schweizer) Essen moechte, man reist ja schliesslich nicht, um das gleiche wie daheim zu haben. Aber nach einiger Zeit freut man sich, richtiges Brot oder wie in dem Fall echte Knoepfle zu bekommen... Muss auch mal sein. Dermassen gestaerkt machten wir uns wieder auf dem Heimweg und bereiteten uns seelisch, moralisch und auch sonst auf den folgenden Tag vor:

Tag 2 in La Paz - DEATH ROAD
Einer der Hoehepunkte unserer Reise sollte die Downhill-MTB-Tour auf der sogenannten Death Road sein. Start auf ca. 4700m gehts in ca. 4h-5 Fahrt runter bis auf ca. 1200m.
Der Name ruehrt daher, dass frueher im Schnitt 26 Fahrzeuge im Jahr von der einspurigen Strasse abgekommen sind. Da die Strasse unbefestigt ist und es auch keine Leitplanken o.ae. gibt und es teilweise ueber 400m senkrecht (nicht steil, oh nein, senkrecht!) den Berg runter geht, war die Ueberlebenschance dabei nicht besonders gross. Inzwischen gibt es fuer den Bus-, LKW- und Autoverkehr eine neue, groessere, zweispurige und asphaltierte Strasse, so dass die alte hauptsaechlich von MTBs und nur vereinzelt von anderen Fahrzeugen befahren wird. Seit das ganze als Touri-Attraktion angeboten wird, sind laut Aussage unseres Guides 17 Radfahrer gestorben: hauptsaechlich, weil sie auf der falschen Seite des Fahrrads abgestiegen sind und dann das Gleichgewicht verloren haben (kein Scherz!) oder weil sie beim Filmen anderer Fahrer den beruehmten Schritt zuviel rueckwaerts gemacht haben. :-/
Nachdem wir uns morgens in einem Kaffee mit unserem Guide und den 8 anderen Mitfahrern getroffen haben, ging es erst einmal noch eine Stunde bergauf. Am Pass angekommen wurde die Ausruestung verteilt (Helm, dicke Regen-Jacke, -Hose und -Handschuhe und natuerlich die Fahrraeder)
und der Guide machte mit jedem einzelnen eine kurze Einfuehrung in das Fahren. Wie sitzt man, wie bremst man, wie faehrt man Kurven usw. Wir waren wie gesagt 10 Fahrer, wobei nur Tobias echte MTB-Erfahrung hatte, 2 enlischsprachige Guides und ein Fahrer, der staendig hinter uns herfuhr. Ein Guide fuhr dann spaeter vorne weg, der Bus immer hinter dem letzten der Gruppe und der zweite Guide entweder am Filmen/Fotos schiessen oder am Begleiten des hinteren Teils der Gruppe. Alles hoechst professionell und wir fuehlten uns auf der "Worlds most dangerous road" mit dem Unternehmen gut aufgehoben.
Nach einem kurzen "segnen" der Raeder mit Schnaps, kurzes Opfer an Pachamama (Mutter Erde) und einer kleinen Staerkung von uns
ging es dann los.
Die ersten 22km ging es auf der neuen Strasse auf Asphalt bergab, so konnten wir uns alle an die Fahrraeder gewoehnen und uns ein bisschen ausprobieren, bevor es los ging. Leider empfing uns auf dem Pass Nebel, Regen und eisige Temperaturen. Ich trug am Anfang 3 Hosen, 3 Jacken und 2 Shirts... der Regen hat alles durchweicht,  baeh. dadurch hatten wir leider auch keinen Blick auf die eigentlich vorhandene, beeindruckende Bergwelt ringsherum. Nach dem Eingewoehnen ging es dann auf die 39km lange alte Strasse: unbefestigt, einspurig und mit beeindruckenden Klippen...
Man muss sagen, dass wir durch den tiefliegenden Nebel keinen so "guten" Blick in die Schlucht hatten: bis auf wenige Ausnahmen fuehlte es sich nicht so an, als wuerde es da so weit runter gehen. Was den Vorteil hatte, dass man sich nicht staendig ins Hemd machte, andererseits ist natuerlich auch die spektakulaere Aussicht ein Grund fuer die Tour... Alles in allem war die Abfahrt technisch nicht so anspruchsvoll und auch fuer mich gut zu meistern. Die Wahrscheinlichkeit zu fallen ist nicht sehr gross - Problem ist nur, wenn. Wir haben mal geschaetzt, dass an dem Tag insgesamt vielleicht so knappe 100MTBs die Tour gemacht haben. Und das bei Regen in der Nebensaison, im der Hauptsaison werden das mal bestimmt fast doppelt so viele sein... Da relativiert sich auch die Anzahl der Verstorbenen, so schlimm wie es ist.
Von allen Gruppen war unsere die Kleinste, die groesste Gruppe hatte sicherlich mehr als 30 Fahrer. Wir haben uns also mit der Agentur richtig entschieden... Mit jedem Meter der Abfahrt wurde es waermer, am Ziel waren wir mal wieder im Dschungel. Zum Glueck wurde man vor der Tour darauf hingewiesen, komplette Wechselklamotten mitzubringen, inkl. Schuhen und Unterwaesche, wir waren nass bis auf die Knochen. Nach einem ersten Ankunftsbier ging es fuer unsere Gruppe dann noch in eine Tierpflegestation, wo wir mit warmen Duschen und einem Buffet unsere Lebensgeister wiedererwecken und einen Haufen Affen beobachte konnten. Auf dem Heimweg, der dann 3h auf der neuen Strasse dauerte, hatten wir dann auch endlich Blick auf die Bergwelt - schade, dass es morgens so schlecht war! Zurueck in La Paz angekommen, liehen wir uns einen Heizluefter fuer unsere tropfnassen Schuhe und liessen den Tag beim inbegriffenen Bier der hosteleigenen Brauerei ausklingen.
Worlds most dangerous road - das T-Shirt gabs gratis dazu...
Am naechsten Morgen stand die Entscheidung an: Trek (von mehrtaegig haben wir uns schon auf eintaegig reduziert) am Folgetag und Sonntag dann Fussball im Stadion oder doch frueher abreisen?
Das Wetter machte uns die Entscheidung leicht: nachdem uns sogar die Frau von der Agentur eher von einem Trek abgeraten hat (und damit ja kein Geld mit uns verdiente), war klar, dass wir ihn nicht machen. Was bringts, auf 5000m zu stehen, aber um einen rum vor lauter Nebel und Regen/Schnee nichts zu sehen?! Also buchten wir nur die Tour in der Salzwueste direkt vor Weihnachten und entschieden uns, die restliche Zeit in zwei anderen, vielversprechenden Staedten von Bolivien zu verbringen: Sucre und Potosi. Den Nachtbus nach Sucre buchten wir fuer den Folgetag, so blieb genuegend Zeit unsere Schuhe zu trocken und 7,2kg Waesche in die Waescherei zu geben. Ausserdem erstand ich eine schicke Alpaca-Muetze und sexy Schafstulpen (recht bequem, wenn man die ganzen Hoelzchen aus der Wolle mal entfernt hat).

Da haben wir gerade die Top 5 geschrieben...
Ich frier nicht! ;-) Tobias erstand im Handel-Wahnsinn noch ein Bolivien-Trikot und da wir das Spiel am Sonntag jetzt verpassen, haben wir zumindest das leere Stadion noch besichtigt und ein weiteres Fotoshooting eingelegt.
Abends entschieden wir uns auf Grund einer Anzeige auf einem Flyer, fuer das "hoechste Fondue der Welt". Wieder bei einem Schweizer, klar, der uns ein sehr leckeres Kaesefondue mit echt Kirschwasser und einen leckeren bolivianischen Weisswein servierte. Und zum Dessert noochmal Kirschwasser. ;-)
Der erste Wein auf der Reise (die Flasche Fusel, die wir auf den Galapagos gekauft haben und groesstenteils verteilt haben, zaehle ich jetzt mal nicht dazu), lecker, ich freu mich auf Chile und Neuseeland! ;-) Dermassen angeduedelt ging es nach Hause und ins Bett.

Am letzten Tag in La Paz haben wir nach Telefonieren, Packen und Auschecken an einer kostenlosen Stadtbesichtigung teilgenommen. ich musste frueher abbrechen, da ich am Tag davor noch einen Termin im Spa ausgemacht habe (Massage! Pedikuere!), Tobias ist die ganzen drei Stunden mitgelaufen. Dabei haben wir viele lustige und interessante Dinge ueber La Paz und Bolivien im Allgemeinen gelernt. Zb ist es in La Paz nicht moeglich, eine U-Bahn zu bauen, weil zahlreiche Fluesse unter der Stadt verlaufen. Die Frauen in Bolivien tragen ihre "Tracht": einen waden- bis knoechellangen Rock mit einem Haufen Unterroecken (=> dicke Hueften = begehrenswerte Frau), eine Bluse mit einer Weste darueber, einen Stola um die Schultern und einen irgendwie zu klein aussehenden Hut (der uebrigens nicht festgemacht ist).
Cholita ist der Name des Rocks und
auch der Frauen, die ihn tragen
Die Roecke kommen daher, dass frueher die Spanier ihren Bediensteten die abgetragenen Klamotten gegeben haben, u.a. eben aufwendige, bodenlange Roecke. Die haben gefallen, aber bodenlang ist eher ein bisschen unpraktisch, weshalb sie einfach gekuerzt wurden. Und die Geschichte zu den zu kleinen Hueten: in Europa war diese Art Hut grosse Mode. Eine italienische Firma dachte, hm, tolle Idee, lass uns die Mode mal nach Suedamerika bringen, da gibt es viele Leute. Aber die sind alle ziemlich klein, dann haben sie auch kleine Koepfe. Also lass uns 10.000 kleine Huete produzieren und nach Suedamerika bringen. dort hat sich dann aber rausgestellt, dass die Leute zwar klein sind, aber keine kleinen Koepfe haben... Was machte man? Man erzaehlte den Frauen, dass das der letzte Schrei in Europa ist, diese kleinen Huete. Und die Frauen hier haben sie gekauft und tragen sie bis heute... :-)

Nach dem Entspannen im Spa und dem Rundgang wurde es leider nochmal ziemlich stressig, den Bus zu erwischen. Von der perfekten Organisation von Busreisen wie in Peru war hier nicht viel zu spueren... Ausserdem gibts hier weder essen noch trinken noch Toiletten im Bus, auch eine Neuheit. Aber, und das entschaedigt fuer alles: es hat echte Liegesitze. Dh aus dem Sitz wird ein echten, horizontales Bett und nicht wie bisher nur eine Moeglichkeit, die Beine hochzulegen und die Lehne ein bisschen runterzunehmen. Ausserdem ist die Heizung an, weshalb ich hoffe, nicht wie in Guatemala fast zu erfrieren. Scheint also einer erholsamen Nachtruhe (und damit verschlafen von viel Zeit) nichts mehr im Wege zu stehen.

La Paz hat uns, trotz schlechtem ersten Eindruck dann ganz gut gefallen: es ist was besonderes, eine Grossstadt auf 3200 bis 4100m zu sehen und ausserdem hatte die Stadt wirklich viele tolle Ecken. Das groesste Aergerniss ist das Verkehrschaos und der damit einhergehende Smog. Zusammen mit dem staendigen Regen und den relativ niedrigen Temperaturen freu ich mich jetzt auf die weiteren Ziele in Bolivien...

2 Kommentare:

  1. Das hört sich ja sehr cool an mit der Todesstraße...aber so kalt kann es ja nicht gewesen sein...der Typ der dein Rad hält, Nicole, hatte ja kurze Hosen an...;-)

    Pies Neffez

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  2. Ist ja wieder traumhaft was Ihr erlebt. ich muss sagen, da wäre ich gerne dabei gewesen,
    hätte mir auch riesig gut gefallen. Weiterhin viel Spass euch beiden.
    Übrigens: Habe im H. Heldt die blog-Adresse gegeben, somit wäre die Trainernachfolge
    von Jens Keller auch gelöst...

    Papa

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