12. November 2020

Alles hat ein Ende ...

24.10. bis 29.10.2020 Siziliens Nordwesten

(nf) Ziemlich schnell ging es von einem Zustand "wir bleiben, so lange es geht und sich gut anfühlt" über zu "wir buchen die Fähre, je eher, desto besser"... Die Stimmung kippte innerhalb eines Tages in erster Linie bei mir, aber auch Tobias war schnell der Meinung, dass es besser ist, bald zu gehen. Und so buchten wir die Fähre holterdiepolter auf dem Weg von der Südküste nach San Vito Lo Capo vom Auto aus. 3 Nächte blieben somit noch, die wir an diesem schönen Zipfel verbringen wollten. Eigentlich an zwei verschiedenen Campingplätzen, aber da die zweite Station, ein Agricampeggio, nicht mehr offen hatte und der nahegelegenen Naturpark auch gesperrt war, blieben wir alle drei Nächte auf einem sehr großen, aber zu dieser Jahreszeit ziemlich leeren Campingplatz - La Bahira.
Wir trafen auch auf den ein oder anderen Bekannten von anderen Plätzen, die es auch hierhin gezogen hat. Der Platz war riesengroß, aber sehr schön mit vielen Pinien, nett angelegten Dingen- und einem Platzesel. 😁
Die Gegend und der Platz sind bekannt für die direkt dahinter aufragende Steilwand, die ideal für Kletterer ist.
Direkt vom Campingplatz aus konnten zig Routen gegangen werden und so setzte sich das Publikum hauptsächlich aus Kletterern zusammen. Nachdem wir den ersten, restlichen Tag damit verbracht haben, uns umzuschauen, die großen Wellen zu bestaunen (Yaron: "Da! Da! Da!"), 
den Esel zu besuchen und den Kletterern zuzuschauen, haben wir uns am Folgetag auf den Weg in das Städtchen gemacht. 2,5km Fußweg, anfangs schön an der Küste entlang, wanderten wir mit Yaron in der Kraxe in den Ort.
Eis, Strand, Kaffee waren die Tagesziele. Hat auch geklappt. 😉 Der Strand war überraschend schön, flach abfallend, toller, rosafarbener Sand, schöne Kulisse und überhaupt nicht überfüllt.
Yaron war, nachdem er ja anfangs noch ein bisschen Angst hatte vor dem Meer, inzwischen kaum mehr wegzubekommen und liebte es, in den Wellen zu spielen. 😍 Für uns war schnell klar, dass wir uns für den Folgetag ähnliche Ziele setzen: Canoli, Strand, Kaffee. 😉 Auch hier erfolgreich und mit nochmal besserem Wetter hatten wir einen Strandanschluss, wie er schöner kaum hätte sein können.
Zur Abwechslung sind wir aber dieses Mal mit dem Rad gefahren - war aber ganz schön steil... 😅 Die beiden Tage haben wir tatsächlich einfach nochmal die Zeit, die Temperaturen, das Essen und das Meer genossen. Und unsere "coronafreie Blase"... Sizilien war weiter (noch) nicht als Risikogebieten eingestuft, im Gegensatz zu quasi ganz Festland-Italien, Schweiz und am Ende auch Deutschland. Dadurch, dass wir so autark unterwegs waren und nicht viele Kontakte hatten, war Corona im Alltag nicht so präsent. Aber wir verfolgten die Nachrichten natürlich und die Berichte von den explodierenden Zahlen, den Verschärfungen der Maßnahmen und der daraus resultierenden, teils gewalttätigen Proteste (zB Neapel, Mailand, Rom) machten uns dennoch ein mulmiges Gefühl. So waren wir froh, gefühlt im letzten Moment den Absprung zu schaffen. Die Themen mit anderen (deutschen) Reisenden waren inzwischen auch hauptsächlich Fragen, wie man am besten durchs Risikogebieten kommt, ob man sich bei Rückkehr testen lassen muss oder gar in Quarantäne gehen muss. Die Baden-württembergische Vorschriften sahen vor, dass man, wenn man sich maximal 48h in einem Risikogebiet aufgehalten hat, nichts davon braucht. Deshalb und weil wir uns damit auch einfach besser fühlten, war unser Plan, nach der Fähre, die gegen 19:30h in Genua ankommen sollte, so weit wie mit Yaron möglich zu fahren, dann auf einem Stellplatz autark zu übernachten, ein einfaches Frühstück zu essen (dafür haben wir extra nochmal Brot eingefroren) und dann mit seinem Vormittagsschlaf durch in die alte Heimat zu fahren. Einzige Kontakte sollten die Grenzen sein. Wir haben lange überlegt, ob wir überhaupt bei unseren Eltern einen Stopp machen sollten. Aber, wer weiß wie es weitergeht und wenn man sich die Zahlen in Karlsruhe anschaut, bringen wir wahrscheinlich so weniger Risiko mit als wenn wir von KA aus kommen... Aber davor stand noch die Fährüberfahrt an! Den letzten Tag verbrachten wir hauptsächlich mit Räumen, Packen, Sachen und Essen richten für die Fähre. Tobias hat mit Yaron noch eine kleine Wanderung zu einer Höhle gemacht, so dass ich meine Gedanken beim Packen und Richten beisammenhalten konnte.
Nach einem frühen Abendessen machten wir uns auf den anderthalbstündigen Weg nach Palermo. Yaron schlief, wachte aber bei Ankunft am Hafen auf und war dann lange Zeit wach: zu aufregend, diese vielen Autos, das Einschiffen, die Lichter, die Fähre! 😁 kurz vor 10 waren wir aber schon in unserer Kabine. Besser gesagt, Familiensuite, das hatten wir uns nämlich nach der ätzenden Erfahrung auf dem Hinweg gegönnt. Auch im Hinblick darauf, dass wir so mehr Zeit mit Yaron im Zimmer verbringen können. Gerade im Bezug auf den Besuch bei unseren Eltern wollten wir das Ansteckungsrisiko so weit möglich reduzieren. Der Plan ging gut auf, das Zimmer war sehr viel besser als auf dem Hinweg, wir hatte ein großes Gemeinschaftsbett, so dass ich auch ein bisschen Platz hatte, das Bad war völlig ok und insgesamt deutlich sauberer als auf dem Hinweg. Ich glaube, das Bett war sogar frisch bezogen. 😉 Tobias musste wieder Tabletten nehmen, wir hatten schon wieder Pech und anfangs ziemlichen Seegang. Bei mir blieb es zum Glück bei einem mulmigen Gefühl im Bauch und Yaron jammerte zwar ein bisschen, aber hat trotzdem geschlafen. 
Auch auf der Fähre trafen wir alte Bekannte, an Yaron erinnert sich eh jeder... Das Wetter war viel besser als befürchtet und insgesamt machte GNV einen besseren eindruck als Grimaldi auf dem Hinweg. Natürlich zogen sich die 20,5h plus Verspätung wieder, aber wir haben viel Zeit draußen auf Deck damit verbracht, Yaron im Kreis zu jagen. 😉 Wir alle drei waren aber froh, als es runterging von der Fähre. Nach einem zähen Kampf die erste Stunde hatte es Yaron geschafft, einzuschlafen und wir könnten Strecke machen. Tobias wollte gerne noch durch den Gotthardt und so haben wir direkt danach auf einem schönen, relativ neuen und gut ausgestatteten Stellplatz für 10€ genächtigt. Um halb 2 sind wir dort angekommen und waren ganz schön platt. Dafür hat Yaron gut mitgemacht und wir haben unseren letzten Camper-Morgen der Reise mit langem Kuscheln und Spielen im Bett zelebriert. Als wir bei Nebel und Nieselregen aufgewacht sind, musste aber auch erst einmal die Standheizung ran 😩.
Trotzdem mischte sich in die Wehmut auch die Vorfreude, unsere Familien wieder zu sehen und die Erleichterung, wieder in heimischen Gefilden zu sein. Die letzte Etappe nach Herbolzheim bzw. Münchweier klappte nochmal sehr gut. Gefühlt fuhren wir mit jedem Meter mehr in den Herbst und kamen dann bei relativ schönem Wetter in der herbstbunten Heimat an!
Jetzt war sie also vorbei, die langersehnte Elternzeitreise... aber das Fazit kommt extra! 🙂