13. Januar 2014

Trekking am Ende der Welt

05.01. - 10.01.2014 Nationalpark Torres del Paine

(ts)
Auf 42 Seiten habe ich es zwar nicht gebracht, aber zu unserem Camping Abenteuer in einem der bekanntesten Nationalparks Südamerikas gibt es Einiges zu berichten:

Nachdem wir die Ausrüstung (Zelt, Kochset mit Gaskocher, Isomatten und Schlafsäcke) gemietet hatten, besuchten wir noch schnell eine gratis Infoveranstaltung bei der Anfänger, sprich wir, alles von klein auf erklärt bekommen. Eine Holländerin erklärte die Bergwelt, zeigte die unterschiedlichen Wanderrouten und beantwortete alle Fragen - wie paradox: Holland und Bergwelt! ;-) Weitere wichtige Infos waren: Die vier Jahreszeiten gibt es im Park öfters mal an einem Tag, den Sonnenaufgang bei den Türmen soll man im Schlafsack eingepackt genießen und das Wasser der Bäche ist das beste der Welt, also sollen wir es wie Hunde, direkt im Bach stehend, trinken. Nach der Veranstaltung haben wir uns für die klassische W-Wanderung in fünf Tagen entschieden. Hierbei wandert man in drei Sackgassen und sieht dabei die Highlights des Parks. Auf der Landkarte ergibt die Route den Buchstaben W, daher der Name.

Tag 1: Refugio Paine Grande - Refugio Grey (5h, 12km, 250hm)
Mit dem vollgepackten Rucksack, der mit Zelt und Campingequipment geschätzte 11 bis 12kg pro Rucksack wog, liefen wir zum Busbahnhof. Dort warteten schon fünf Busse, die die Menschenmassen in den 80km entfernten Park befördern. Am Eingang mussten wir 25€ Eintritt bezahlen und einen Film über die Bestimmungen anschauen. Vor ein paar Jahren kam es wegen Unachtsamkeit einiger Touris zu einem riesigen Waldbrand, daher erklärten die Parkwächter lieber mehrmals, dass man im Park weder rauchen noch sonst ein Feuer machen darf. Der Gaskocher darf auch nur an dafür ausgewiesen Plätzen benutzt werden.
Im Park angekommen setzten wir gleich mit dem Katamaran zum Startpunkt Refugio Paine Grande über. Beim Einsteigen war der Wind so heftig, dass Schlafsack und Regenhülle eines Mitreisenden im See landeten. Er musste die Reise tatsächlich ohne antreten. Die Gegend sah aus wie bei einem Outdoor-Werbespot: starker Wind, leichter Regen und dazu rauhe Bilderbuchlandschaft...



Die Wanderung führte am ersten Tag über das Refugio Grey zum gleichnamigen Gletscher und dauerte für uns 4,5 statt den ausgeschilderten 3,5 Stunden. Wo haben wir die Stunde vertrödelt? Während dem Wandern hatten wir auch nur zwei Jahreszeiten, nämlich stürmischer Herbst und kalter Winter... :-(  Trotzdem waren wir von der Landschaft begeistert. Am Aussichtspunkt mit Blick über den Gletscherzungensee (fuer Nicole: *buzzer*) zum Gletscher sahen wir sogar schwimmende, blau leuchtende Eisberge.
Beim Zeltaufbau am Refugio Grey lernten wir Rebecca aus Friedrichshafen kennen. Sie ist erst 18 und reist in den Winterferien alleine durch Chile. Sie macht derzeit ein soziales Jahr in Peru. Mit ihr zusammen liefen wir spaeter noch zu einem Aussichtspunkt und bewunderten dort den Gletscher und einen Regenbogen. Regen bringt auch Vorteile... ;-)

Zurück im Refugio bereiteten wir Nudeln mit Tomatensoße in der "Küche" mit unserem Minigaskocher zu. Die Küche war ein einfacher, geschlossener und trockener Raum mit einer Spüle, Tischen und Bänken. Bei uns am Tisch saßen neben Rebecca zwei Amis und eine Kanadierin, die sich gemeinsam bei Schneesturm über den Pass gequält hatten, zum Glueck haben wir uns gegen die große Runde mit dem Pass und für die einfachere W-Wanderung entschieden. Der Pass war nun aber aufgrund der Wetterlage sowieso gesperrt.
In der Nacht stürmte und regnete es heftig, so dass wir in unserer ersten Zeltnacht keinen ruhigen Schlaf hatten... :-(

Tag 2: Refugio Grey - Refugio Paine Grande - Campamento Italiano (6h, 18km, 400hm)
Auch nach dem Frühstück in der Gemeinschaftsküche regnete es weiter. So mussten wir das Zelt bei Regen abschlagen und auch bei Regen loswandern. Mit dem großen Rucksack auf dem Rücken hatten wir außerdem eine große Angriffsfläche für den Wind und mussten ständig aufpassen, dass uns dieser nicht umwirft. Auf halber Strecke holten wir Rebecca ein und wanderten gemeinsam weiter. Nach 3,5 Stunden - also geht es doch in der vorgegebenen Zeit - mussten wir mit Café und heißer Schokolade am Refugio Paine Grande unseren Akku aufladen. Ein bayrisches Pärchen, mit dem wir schon am ersten Tag kurz redeten, schenkte uns ein Lunchpaket und Wienerle, da ihnen beides nicht zusagte. Damit wir nicht zu früh am Zeltplatz ankommen, dehnten wir die Pause auf 2 Stunden aus. Auf dem weiteren Weg zum Campamento Italiano wollte der Regen einfach nicht aufhören. Inzwischen war auch der Weg stark aufgeweicht, so dass wir öfters knöcheltief im Schlamm standen. Nach 2,5 Stunden, also in der vorgegebenen Zeit, kamen wir dann total durchnässt an.
Der Zeltaufbau im Regen ging zwar flott, aber die Stimmung war aufgrund des Wetters und den extrem einfachen Bedingungen am Zeltplatz trotzdem am Boden. Das Italiano hatte eine sehr kleine überdachte Kochstelle und ein stinkendes Plumpsklo - mehr nicht. Zu all dem Übel kam noch hinzu, dass ich mein Knie kaum bewegen konnte. Ich hatte es mir wohl beim Ankämpfen gegen den Wind leicht verdreht und es schwoll nun an. :-(
Nach einer Linsensuppe mit den  geschenkten Wienerle ging es also direkt ins Bett - mit der Hoffnung, dass das Wetter endlich besser wird. Auch in dieser Nacht stürmte und regnete es, aber wir konnten trotzdem gut und lange schlafen. Manchmal hörte man einen lauten Donner. Wie wir bei der Infoveranstaltung lernten, war dies nicht ein Gewitter, sondern der Gletscher Francais, der mehrmals täglich Eis abwirft.

Tag 3: Campamento Italiano - Refugio Los Cuernos (2,5h, 5km, 100hm)
Am dritten Tag wollten wir eigentlich ins Valle Francais wandern (den mittleren Stich des Ws), aber da es weiterhin regnete und keine Besserung in Sicht war, strichen wir die Wanderung in die Sackgasse und liefen lediglich die 2,5 Stunden zum Refugio Los Cuernos.
Wie sich später herausstellte, war das Tal aufgrund der Wetterlage ohnehin gesperrt und nur mit Guide begehbar. Meinem Knie ging es wieder etwas besser und so war der Marsch mit einer Schmerztablette kein Problem. Nach der Ankunft im Los Cuernos wandelte sich auch schlagartig unsere Stimmung. Ein klasse Zeltplatz mit erhöhten Holzplattformen für die Zelte, mit Warmwasserduschen, mit beheiztem Aufenthaltsraum und endlich hörte es auch mal auf zu regnen. :-) Nach dem Zeltaufbau setzten wir uns in das Refugio und plauderten bei Schoki, Café und Tee den ganzen Mittag mit Rebecca, wir waren schon den ganzen Tag gemeinsam unterwegs. Auch das Abendessen nahmen wir im Refugio zu uns: Leckere drei Gänge, aber nach den Strapazen etwas zu kleine Portionen... ;-)


Tag 4: Refugio Los Cuernos - Campamento Las Torres (6,5h, 14km, 600hm)
Das Zelt war zwar noch nass und der Himmel bewölkt, aber endlich konnten wir im trockenen Abbauen, Packen und Loslaufen. Beim Packen fiel mir auf, dass die Essenstüte mit den Suppen, Rissotto und Keksen fehlte. Ich hatte sie wohl beim Kochen der Linsensuppe im Italiano vergessen einzupacken. Glücklicherweise hatte Nicole noch eine Reismischung in ihrem Gepäck. Trotzdem war es ärgerlich, da jetzt ja die Kekse für den Café am Mittag fehlten. :-(
Der Weg auf diesem Abschnitt war um Welten besser. Endlich gab es keine Schlammpfützen mehr, denen man ständig ausweichen musste. Und als schließlich die Sonne rauskam, zückten Rebecca und ich gleich die Kameras und machten alle paar Meter Bilder von der überwaeltigenden Landschaft. Wir hatten ja Nachholbedarf... :-) So macht wandern Spaß!!! Wobei für Rebecca der Spaß nicht lange anhielt, der Akku hatte über Nacht die Ladung verloren.

Inzwischen lagen wir immer unter den vorgegebenen Wanderzeiten. Und Nicole sah man an, dass sie nun auch ohne Probleme das Tempo mitgeht und Freude hat. Endlich konnte auch sie das Wandern ohne Erkältung bzw. Magenverstimmung voll genießen.
Im Refugio Chileno machten wir nach 5 Stunden wieder eine ausgiebige Pause. Da wir noch weiter zum Campamento Las Torres mussten, stärkten wir uns mit Spaghetti und Hühnerfrikassee. Die Stärkung konnten wir anschließend auf dem steilen Weg zum Campamento Las Torres gut gebrauchen. Nach 1,5 Stunden Gehzeit kamen wir aber trotzdem gut gelaunt am Etappenziel an und stellten unser Zelt auf. Unterwegs trafen wir wieder unsere bayrischen Freunde, die extrem begeistert vom Anblick der Türme, bereits auf dem Rückweg waren. Das Campamento Las Torres ist zwar nur unwesentlich besser als das Italiano, da es aber die letzte Nacht im Zelt war und es nicht regnete, war die Stimmung 1000mal besser... :-)


Tag 5: Campamento Las Torres - Mirador Base De Las Torres - Hotel Las Torres (5h, 12km, 400hm)
Nach einer kurzen und unruhigen Nacht klingelte um 3:45 der Wecker. Schließlich wollten wir den einstündigen Aufstieg zu den Türmen "Torres del Paine" rechtzeitig angehen, um den Sonnenaufgang dort zu erleben. Laut dem Ranger am Camp, leuchten die Türme nur 5-6mal pro Sommersaison rot beim Sonnenaufgang. Also zogen wir in stockdunkler Nacht mit Stirnlampe gemeinsam mit den 200 weiteren Campern die letzten 300 Höhenmeter hoch zum Aussichtspunkt, um dieses Spektakel möglicherweise zu erleben. Und siehe da, wir hatten Glück!!! Ein bewegender Moment, als die Türme von der Sonne angestrahlt wurden und leuchteten. Und Dank der Infoveranstaltung konnten wir dies im kuschlig warmen Schlafsack genießen. Schließlich waren die Temperaturen hier unter dem Gefrierpunkt... :-)



Zurück im Las Torres bauten wir das Zelt ab und packten ein letztes mal unsere Sachen. Die Pause im Refugio Chileno mit Schoki und Café durfte natürlich auch heute nicht fehlen. Die 800 Höhenmeter bergab setzten meinem Knie ganz schön zu. Am Hotel Las Torres, unserem Endpunkt der Wanderung, angekommen, war es richtig dick und ich war froh, das Ganze überstanden zu haben.
Am frühen Abend kamen wir mit dem Bus wieder in Puerto Natales an und gingen zur Feier des Tages nochmal im Fischrestaurant essen. Wir ließen es uns mit einer Flasche Wein und drei Gängen so richtig gutgehen und freuten uns über das nette Personal, dass uns selbst nach fünf Tagen Wildnis wiedererkannte... ;-)

Der Campingausflug hat uns beiden richtig Spaß gemacht und wir hatten beide viel weniger Probleme mit dem Zelten als vorab erwartet. Vor Allem ich hatte da etwas bedenken... Und auch der Nationalpark mit seiner einmaligen Landschaft war für uns ein perfekter Abschluss für Südamerika. Nun haben wir aber noch eine Woche in Patagonien übrig und da uns im Park sehr viele von El Calafate und dem Perito Moreno Gletscher vor
geschwärmt haben, wollen wir nun den Schritt über die Grenze gehen und das Abenteuer Argentinien wagen... Und argentinisches Rumpsteak essen!!!

@ Miriam: Dir nochmal ein besonderes Dankeschön für die Reservierung der Unterkunft in Puerto Natales!!!

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