21. Oktober 2020

Ein paar Worte zum Reisen zu dritt...

(nf) Wir merken, dass es schon ein deutlicher Unterschied ist, ob man mit Kind unterwegs ist oder eben zu zweit. Das ist ja so weit nicht überraschend, wie das Leben allgemein mit Kind einfach ein anderes ist als ohne, ist natürlich auch das Reiseleben ein anderes. 

Aber in welchem Maße, das war uns davor nicht ganz klar. Oder es ist eben so, dass es ein Unterschied ist, ob man sich vorher etwas überlegt oder dann tatsächlich in der Situation ist.

Für uns konkret bedeutete das, das wir schon eine Weile gebraucht haben, bis wir uns hier eingeruckelt hatten. Das Wetter tat sein übriges, aber ich bin überzeugt davon, dass das nicht das Hauptthema war bzw. auch ist.

Bei unseren bisherigen (Camper)Urlauben zu zweit waren wir maximal flexibel. Wie es eben so ist, wenn man alles dabei hat. Im Zweifel konnten wir auch abends um 8 noch einen Stellplatz weiterfahren, wenn wir das wollten. Oder mal einen Tag nur irgendwelches Zeug auf die Hand essen, wenn es eben so war ( bzw. einfach nur morgens uns abends essen). Oder einfach mal mit einem Bier vor dem Camper sitzen. Oder tatsächlich ein Tagesprogramm haben. Oder spontan irgendwo anhalten: Aussichtspunkt, Markt, schöner Ort zum Kaffeetrinken. Das sind alles Dinge, die eben nicht einfach so gehen mit kleinem Kind dabei. 

In vielen Bereichen verliert man die Flexibilität mit dem kleinen Mann bzw. ist eben eingeschränkt. Und das trotz dem Flexibiltäts-Plus des eigenen Campers!

Dazu kommen die kleinen 'Katastrophen' des Baby-Alltags: hier eine gesprengte Windel, dort ein ausgekotztes Abendessen, dazwischen wissenschaftliche Untersuchungen von Scherben und Zigarettenstummel: da wünscht man sich zwischendurch schon die eigenen vier Wände, Platz, eine saubere Dusche und eine Waschmaschine...

Das Essen ist auch auf Reisen unser großes Thema. Zwar isst Yaron inzwischen grundsätzlich besser, aber auf so kleinem Raum jeden Tag etwas halbwegs gesundes, was er dann auch noch isst, auf den Tisch zu bringen, ist halt aufwändig. Zumal es auch entfällt, wie zu Hause Sachen auf Vorrat zu machen und dann einzufrieren. Da Yaron ja kein Breiesser ist, ist es noch schwieriger, auch gesunde Sachen in ihn zu bekommen. An Tagen, an denen wir viel unterwegs sind, kommt es oft vor, dass er den ganzen Tag fast nichts isst - zu aufregend ist alles drumherum.

Und bei allen Plänen und interessanten Dingen muss man sich immer fragen: wie klappt das mit ihm und mit seinem Tagesablauf? Wann kann er wo was essen? Wird er schlafen können? Sind es zuviel Eindrücke (speziell nach Palermo hatten wir das Gefühl)? Und am Ende auch: ist es den Aufwand wert, den es bedeutet?

Den Spagat, den man als Eltern auch zu Hause macht zwischen eigenen Bedürfnissen und dem Wunsch, den Bedürfnissen des Kindes zu 100% gerecht zu werden, dieser Spagat wird unterwegs nicht einfacher. Das überrascht mich doch, hat man doch unterwegs auch so viel 'Stressfaktoren' weniger als zu Hause und viel mehr Zeit, sich auf das Wesentliche zu fokussieren.

Eine weitere Sache, die wir unterschätzt haben, ist der Aufsichtsaufwand. Daheim kann Yaron bei vielen Sachen 'mitlaufen', man kann sich (inzwischen!) einen Kaffee rauslassen, sich im Bad fertig machen, Wäsche machen etc. auch wenn er dabei ist. Zwar mit mehr Aufwand, als wenn man alleine ist, aber es geht grundsätzlich. Hier ist es so, dass immer einer eigentlich zu 100% bei ihm sein muss. Ansonsten rennt er zu Nachbars Felgen und untersucht sie (Ölhände!!), er rennt wild über die Straße, spielt Wasserhahn-auf-Wasserhahn-zu, oder geht einfach mal wo anders hin. Das heißt auch, wenn einer Geschirr waschen geht, muss der andere Yaron beaufsichtigen, wenn der eine das Auto zum Weiterfahren fertig macht, geht der andere mit Yaron den restlichen Campingplatz erkunden. Am Ende geht also alles fast doppelt so lange. Das Pärchen, das wir mit ihrer 11monatigen Tochter kennengelernt hatten, haben dazu einen Laufstall/Reisebett dabei. Wenn Sie zusammenpacken, kommt die Kleine mit ein paar Spielsachen da rein und beide können mal schnell ein paar Handgriffe machen. Das hätten wir manchmal auch gerne!! Andererseits, wahrscheinlich würde Yaron Mordio schreien und wir könnten ihn eh nicht nutzen... 🙈

So, und wer jetzt denkt, wir jammern: stimmt schon. 😉

wir genießen das Reisen mit ihm auch sehr! Wir sind froh und dankbar, dass wir das so machen können! Immer wieder öffnet der kleine Blondie uns die Türen zu den Herzen der Italiener(innen meist). Er entschleunigt unser Reisen, reduziert uns oft auf das Wesentliche. Wir lieben es, wie er es liebt, mit uns auf dem Camperbett Zeit zu verbringen. 😍 und wie neugierig, aufgeschlossen und selbstverständlich er sich in jeder neuen Umgebung und gegenüber neuen Menschen bewegt. Wie er selbstbewusst und selbstständig auf Entdeckertour geht. 

Wir freuen uns, unterwegs sein zu können, auch in diesem anderen Lebensabschnitt. Es IST möglich, auch mit Kind zu reisen! Er macht unglaubliche Fortschritte in dieser Zeit und wir sind ganz nah dabei und können uns voll auf ihn bzw. uns als Familie konzentrieren. Und wir hoffen so natürlich auch, ihm Offenheit, Toleranz und guter Wille gegenüber dem Rest der Welt weitergeben zu können.


Will heißen: ja, es ist mehr Aufwand mit Kind unterwegs zu sein. Manche Dinge machen schlicht und ergreifend nicht mehr so viel Spaß bzw. gehen einfach nicht mehr gut.

Und dem gegenüber stehen 180.000 Sachen, die das Reisen auch mit Baby bzw. Kleinkind wertvoll und machenswert machen. Am Ende geht es ja beim Reisen auch darum, seine eigene Komfortzone zu verlassen. Das geht auch mit Kind. Oftmals sogar schneller. 😉

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